Djurdjevic Architectes Djurdjevic Architectes
014 Velowegbrücke Bruggbach, Böttstein | 1. Preis, 1. Rang

Verfahren: Studienauftrag mit Präqualifikation (SIA 143)
Auftraggeber: Kanton Aargau, Department Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Tiefbau
Zeitraum: 2023–24
Budget: 2’000’000 CHF
Geschossfläche: 260 m2
Projektperimeter: 2’300 m2
Nutzungen: Fussgänger- und Radwegbrücke 

Strukturdesign (Lead): co–struct, Zürich
Sam Bouten, Fabrice Meylan, Enrico Pontello
Architektur: Djurdjevic Architekten, Lausanne
Muriz Djurdjevic
Landschaft: Bergland, Kilchberg
Janina Berger
Modell: Modellbau Zaborowsky, Zürich
Bilder: Ferala, Basel


Über den Wolken

Die besondere Qualität der Flusslandschaft an den Aaare-Auren sowie die gefaltete Hügellandschaft des Aargauer Tafeljuras sind von herausragender Bedeutung für die Region. Diese Kulturlandschaft von nationaler Bedeutung ist mosaikartig durch ein kleinräumiges Nebeneinander von Weinbergen, Obstgärten, Wiesen und Äckern, Hecken und Feldgehölzen sowie Kiefern- und Laubwäldern strukturiert. In den Tälern befinden sich charakteristische Strassendörfer wie Böttstein, deren Ortsbilder noch relativ intakt sind. Mit dem Projekt für eine neue Fahrradbrücke über die Bruggbacher-Tobel wird die bestehende Nord-Süd-Verbindung (Aare-Route) nur noch stärker und sicherer gemacht.

Das Projekt schlägt eine effiziente Radwegführung vor, die eine optimale Verbindung der beiden Ufer der Tobel sowohl aus sicherheitstechnischer als auch aus gestalterischer Sicht ermöglicht, indem sie eine Fernperspektive auf die geschützte Landschaft bietet. Die Struktur soll elegant und von grosser Leichtigkeit sein, wie “über den Wolken”, um sich harmonisch in ihren direkten Kontext zu integrieren und somit fast unsichtbar zu werden. Die Konstruktionssprache verweist somit auf eine elegante Interpretation des Kontextes und verleiht der Brücke gleichzeitig ein Gefühl von Robustheit. Das Konstruktionsprinzip der Brücke ermöglicht es, die Struktur in der Mitte sehr dünn zu gestalten, wodurch die Brücke von den Perspektiven der Tobelkanten ebenso wie von der unteren Promenade aus nahezu transparent wird. Diese Transparenz wird durch ein filigranes Geländer aus vertikalen Strukturelementen verstärkt. Die Sprache bietet somit eine innovative Lösung sowohl in konstruktiver Hinsicht als auch in Bezug auf ihre behutsame Integration in den Kontext. Die Feinheit und Eleganz der zukünftigen Fahrradbrücke spiegelt somit den innovativen Charakter der Region wider und wird zum Symbol für den Willen, die sanfte Mobilität in den Vordergrund zu stellen.

Integration in den Kontext

Eine Untersuchung der verschiedenen Radwegführungen zeigt, dass es eine Vielzahl von Lösungen gibt, die in das Untersuchungsgebiet passen. Die gewählte Führung bietet den weitesten Blick auf die Landschaft, da sie sich in der Achse der bestehenden Wege befindet. Dies führt nicht nur zu einer bequemen Nutzung, da man sieht, wohin man geht, sondern auch zu Sicherheit und baulicher Effizienz. Die Wahl dieses Standorts ermöglicht es, eine Brücke mit der kürzestmöglichen statischen Länge vorzuschlagen. Eine Analyse der zu schützenden Bäume wurde ebenfalls durchgeführt und bestätigte, dass an diesem Standort keine grossen Bäume gefällt werden müssen. Der Standort wurde auch untersucht, um die Auswirkungen auf die umliegende Landwirtschaft so gering wie möglich zu halten. Tatsächlich wird die Parzelle südlich der Brücke, obwohl sie in der Bauzone liegt, derzeit landwirtschaftlich genutzt. Der Vorschlag, den Wald zu verlängern, ermöglicht es somit, die Grünfläche in einem Stück zu erhalten, was eine weitere landwirtschaftliche Nutzung heute oder in naher Zukunft ermöglicht. Diese Integration in den Kontext wird nicht nur aus ästhetischer Sicht gedacht, sondern auch in ihrer Position. Die Brücke wird so harmonisch in ihre Umgebung integriert und bringt ein Minimum an Interferenzen mit dem Bestehenden mit sich.

Schlossanlage Böttstein/Denkmalschutz

Der Auftakt zum Schloss bildet der Schlossplatz aus, er leitet auf den Schlossweg mit Parkplatz über. Da das Schloss sowie der Parkplatz einer privaten Grundeigentümerin gehört und nur zum Teil im Projektperimeter enthalten ist, sollen die Parkflächen erhalten bleiben. Mit der pragmatischen Radwegführung entlang des Parkplatzes und der Lage von Ein- und Ausfahrt am östlichen Ende des Parkplatzes wird es möglich 87 Parkfelder zu erhalten. Zur besseren Übersicht und direkter Wegführung wird der Unterstand abgebrochen. Am Randbereich des Parkplatzes können neu E-Ladestationen und/ oder Carsharing angeboten werden. Die Schlossanlage wird geprägt durch den Schlosshof, Mühle, Parkplatz und die nördlich und westlich gelegenen offenen Grünflächen. Den historischen Luftbildern ist zu entnehmen, dass einst Hochstammobstkulturen darauf standen. Um diese innerhalb des Perimeters zu konkretisieren, wird der Radwegabschnitt südseitig des Bruggbachgrabens von einer blühenden Obstbaumreihe begleitet. Die Zwetschgen, Pflaumen und Zierkirschen differenzieren die grossgewachsenen Platanen auf dem Parkplatz – so lässt sich der Radweg besser erkennen. Auf der Zwetschgenplattform können Anwohnende oder Passierende im Herbst Zwetschgen pflücken.

Tragwerkskonzept

Statisch gesehen handelt es sich um ein isostatisches System, bei dem zwei Tragsysteme zu Einem überlagert sind. Die beiden Hälften der Brücke sind als biegesteifen Hohlkästen ausgebildet, und tragen ihre Lasten wie ein Einfeldträger ab, auf die Widerlager und die mittlere «fliegende» V-stütze. Diese Mittelstütze wird durch einen Spannband aufgefangen und erzeugt zusammen mit den Druckkräften in den Hohlkästen im als Gesamtsystem eine Balkentragwirkung. Die Form der beiden Hohlkästen entspricht jeweils dem parabolischen Biegemomentdiagramm ohne Stützmoment. Ihre Formsteifigeit ermöglicht es der Brücke auch ungleichmässig verteilte Nutzlasten ohne grosse Verformungen abzutragen.