Djurdjevic Architectes Djurdjevic Architectes
016 Passerelle des Orchidées, Bellevue

Verfahren: Architektur- und Ingenieurwettbewerb im offenen Verfahren
Auftraggeber: Gemeinde Bellevue, Kanton Genf
Zeitraum: 2024
Budget: 3’500’000 CHF
Geschossfläche: 800 m2
Projektperimeter: 14’500 m2
Nutzungen: Fussgänger- und Radwegbrücke 

Statik (Lead): co–struct, Zürich
Sam Bouten, Fabrice Meylan, Dr. Ole Patrick Ohlbrock
Architektur: Djurdjevic Architekten, Lausanne
Muriz Djurdjevic
Modell: Modellbau Zaborowsky, Zürich
Bilder: Juliette Blatter, Basel


Eine karthesische Geometrie

Die Ellipsis-Brücke fügt sich harmonisch in ihre Umgebung ein, die von eleganten, wie von Hand gezeichneten Formen geprägt ist. Ihre geometrische Form erinnert an bestimmte Merkmale der Natur und lässt an die organischen Windungen denken, die die Küste des Genfersees formen. Der aussergewöhnliche bauliche Kontext des Standorts mit dem Hauptsitz von Lombard Odier im Hintergrund und seinen leicht vorspringenden Platten mit konkaven und konvexen Konturen verstärkt eine Identität des Standorts, die von elliptischen Geometrien geprägt ist.

Natürliche Linienführung

Die Form und das Aussehen des Projekts sind nicht auf eine ästhetische Präferenz zurückzuführen. Die Hauptabsichten bestehen darin, die Auswirkungen der Trasse auf die natürliche Umgebung mit Bäumen zu begrenzen und gleichzeitig ein flüssiges Erlebnis des Weges zu bieten, der den Standort des neuen Hauptsitzes der Bank sowie die umliegenden Wohnhäuser mit den Ufern des Genfersees mit sanften Steigungen verbindet. Der Verlauf der Brücke besteht somit aus einfachen Radien, die sowohl für Radfahrer als auch für Fussgänger einen angenehmen Weg bieten. Die strukturelle Entscheidung für Bögen als Unterkonstruktion ermöglicht freie Sicht auf der gesamten Strecke und maximiert so den Blick auf die Landschaft und erhöht gleichzeitig die Sicherheit der Spaziergänger.

Eine einladende Topographie

Die Brücke wird zur Topographie, indem sie sich auf das Seeufer legt und dadurch eine öffentliche Sitzgelegenheit bietet, einen Treffpunkt, an dem jedermann, ob Spaziergänger, Anwohner oder Angestellter, die Aussicht auf den See und die Alpen geniessen kann. Diese Topographie hat somit die doppelte Funktion eines Stadtmöbels und einer direkten Verbindung zwischen dem Steg und dem Strand von Le Vengeron. Die Zugangspunkte zum Steg werden so vervielfacht und die Verbindung zwischen verschiedenen Wegen maximiert. Der Steg hat keinen einzigen Ein-/Ausgangspunkt, sondern verschmilzt mit der natürlichen Umgebung seines Standorts zu einer Einheit.

Ein optimiertes Strukturkonzept

Das gewählte Struktursystem ist ein durchgehender gekrümmter Bogen mit zwei Zwischenstützen. Aufgrund des gekrümmten Verlaufs und der geringen Exzentrizität zwischen Fahrbahnplatte und Bogen in der Ebene arbeitet die Fahrbahnplatte auf Zug. Mithilfe der Form-Finding-Methode und der grafischen Statik wurde die Geometrie des Standseilbahnpolygons unter Dauerbelastung ermittelt. Die Lage der beiden Zwischenstützen wird durch zwei Überlegungen/Beanspruchungen bestimmt: Erstens wird die Lage in Längsrichtung durch die Notwendigkeit bestimmt, das Hauptfeld und die Seitenfelder auszugleichen. Das Ziel bestand darin, (1) die Rahmenwirkung in den Seitenfeldern zu minimieren, (2) den Umfang der Erdarbeiten für das Jura-Widerlager zu reduzieren und (3) die Lichtraumprofile des Hauptfeldes einzuhalten.

Die Position der beiden Zwischenstützen in der Querrichtung der Fahrbahnplatte ergibt sich aus dem Ziel, die entsprechenden horizontalen Reaktionen zu minimieren. So liegt der Massenschwerpunkt des Segments zwischen den Achsen A und D5 auf einer virtuellen Sehne, die durch diese beiden Zwischenauflager verläuft. Dieser Ansatz führt zu einem leichten und effizienten Aufbau, der dennoch dynamisch wirkt.

Ein leichter Oberbau

Der Oberbau ist als Verbundkastenträger konzipiert. Das Hauptziel besteht darin, die konstruktive Ausarbeitung so einfach und wiederholbar wie möglich zu halten. So hat der Stahlhohlkasten unter der Betonfahrbahnplatte über seine gesamte Länge einen konstanten Querschnitt, wobei die Dicke der Platten nur an den Endfeldern variiert. Die Diagonalen, die die Fahrbahnplatte mit den Bögen verbinden, sind in radialen Ebenen ausgerichtet und weisen alle eine konstante Neigung von 31° zur vertikalen Achse auf. Diese Anordnung stellt die Bögen auf eine konische Oberfläche. Folglich kann das gesamte Stahlgerüst aus Platten hergestellt werden, die entweder flach sind oder nur eine einzige Krümmungsrichtung aufweisen.

Vier integrale Lager

Die Brücke ist mit ihren Zwischenlagern und Widerlagern vollständig integriert, wodurch die Notwendigkeit von Lagervorrichtungen und Dehnungsfugen und die damit verbundene Wartung entfällt. Es ist die gekrümmte Form, die es einer Brücke dieser Länge ermöglicht, integral zu sein: Wärmeausdehnung und -kontraktion können in radialen Richtungen stattfinden, ohne grosse Zwangskräfte auf den Überbau oder die Fundamente auszuüben. An den vier Stützpunkten (zwei Widerlager und zwei Zwischenstützen) werden die Lasten über eine monolithische Verbindung zwischen der Stahlkonstruktion und den Betonelementen und anschliessend über Mikropfähle in den tragenden Boden eingeleitet.

Die Querschnitte der Betonbögen und -pfeiler sind mit grosszügiger seitlicher Trägheit bemessen, so dass die Wirkungslinien unabhängig vom Lastfall innerhalb des Querschnitts bleiben können und, was noch wichtiger ist, um ihre Robustheit gegenüber einer möglichen zufälligen Belastung durch Fahrzeuge zu gewährleisten.

Dank der gut ausbalancierten Proportionen der Brücke sind die Reaktionskräfte auf das Jura-Widerlager sehr gering.Ebenso können Abhebekräfte in allen Fällen erhöhter Nutzlasten vermieden werden. Folglich unterliegt das Widerlager minimalen zu gründenden Kräften in einem Bereich, der bereits durch bestehende unterirdische Infrastruktur (Gasleitung, Pumpstation) belegt ist. Beim Widerlager See wird der Aushub minimiert, um eine Überschreitung der Bauhöhe zu vermeiden.

Pragmatische Abschlüsse

In Querrichtung weist die Brücke eine konstante Steigung von 2,0 % auf, die auf die konkave Seite des Grundrisses gerichtet ist, mit einem kleinen Übergang zwischen den beiden gebogenen Segmenten. Zwei unterschiedlich hohe Handläufe (1,30 m und 0,90 m) sowie ein Geländer, alles aus Edelstahl, leicht nach aussen geneigt, vermitteln allen Nutzern ein Gefühl von Sicherheit und fliessendem Übergang. Eine diskrete, nach unten gerichtete LED-Beleuchtung kann in die Unterseite der Handläufe integriert werden und beleuchtet die Brückentafel, ohne die auf der Route de Lausanne fahrenden Autofahrer zu blenden. Der Belag der Fahrbahn besteht aus einer 60 mm dicken Schicht Gussasphalt mit einer rutschfesten Epoxidbeschichtung. Eine nachhaltige und kostengünstige Fussgängerbrücke.

Eine nachhaltige und kostengünstige Fussgängerbrücke

Im Hinblick auf Robustheit und geringen Wartungsaufwand wurde eine Verbundkonstruktion gewählt: Die solide Betonfahrbahnplatte sorgt dafür, dass die Stahlkästen vor Witterungseinflüssen geschützt sind.Die Anzahl der Strukturelemente wurde auf ein Minimum reduziert.Monolithische Verbindungen an den Zwischenauflagern und integrale Verbindungen an den Widerlagern machen mechanische Komponenten überflüssig. Insgesamt gilt die Brücke daher als wartungsarm.

Form-Finding reduziert die Gründungsarbeiten sowie die Menge an Material, die für den Überbau verwendet wird, erheblich. Dies reduziert somit die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen des Projekts. So ist das Projekt durch seine Integration in den Kontext aufgrund seiner wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Qualitäten nachhaltig.